Eine Reihe von Soli(e)tüden

Eine Koproduktion mit dem FITZ! Zentrum für Figurentheater, dem Internationalen Figurentheaterfestival 2020 wunder.punkt und dem Théâtre Octobre Brüssel

Unsere westliche Lebensweise zelebriert den Individualismus: jeder bleibt für sich allein in seiner eigenen Welt. Mit dem Kopfhörer auf den Ohren und dem Touch-Screen in den Händen gleichgültig am Nächsten vorübereilend – so sieht soziale Distanzierung schon lange aus. Die aktuelle COVID 19 – Krise erscheint nun wie eine Allegorie auf unsere mitmenschlichen Beziehungen. Jetzt wird das zum „muss“, was wir eh schon perfekt beherrschten, nämlich Andere auf Abstand halten. Das Paradoxe daran ist nur, dass wir es diesmal für den Anderen tun. Das Ensemble Materialtheater zeigt eine Reihe von Soli(e)tüden: Kollektive Mono-Dramen von Menschen, die in Glaskästen leben und versuchen zueinander zu kommen – mit, für, trotz und dank der Blasen, in denen sie leben.

Uraufführung im Rahmen des Theaterparcours “step-out” am 04.09.2020 im FITZ! und am 30. Oktober beim InternationalenFigurentheaterfestival 2020 wunder.punkt im Hoch X München. Gefördert von der Stadt Stuttgart und dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Wir danken Herrn Scheffel von thyssenkrupp-plastics Fellbach für die Unterstützung!

Presse

Abendzeitung München: “Aber sicher ist sicher: Das Ensemble Materialtheater aus Stuttgart macht in seiner neuen, vom Figurentheaterfestival mitproduzierten Arbeit „Im Notfall die Scheibe einschlagen“ die derzeitige Not zur Tugend und steckt vier seiner Mitglieder in allseits abgeschlossene Glaskästen. Allein die trippelnden Schritte, zu denen sie in diesen durch unterseitige Rädchen dahinrollenden Mini-Habitaten gezwungen sind, haben etwas Drollig-Absurdes. Aber man kann schon auch Mitleid mit diesen isolierten GlaskastenMenschen auf der Bühne des HochX haben, wie sie ihren täglichen Verrichtungen dennoch weiter nachgehen wollen, um immer wieder an ihre Grenzen zu stoßen. Da steht ein Mann mit heruntergelassenen Hosen da, und das Toilettenpapier hängt außen am Glaskasten.

Mit ein wenig Fantasie und jeder Menge guter Einfälle lässt sich dem Virus vorübergehend auch ein Schnippchen schlagen, etwa, wenn ein Tennisspiel in den Köpfen stattfindet; die Bewegungen dazu kennt man ja. Und einen liebestrunkenen Brief, in dem offenbar einige Ferkeleien stehen, presst die Lesende heftig gegen ihren Schritt. Wenn die Körper nicht mehr zueinander finden können, bleibt eben nur die Masturbation. Auch in solche intimen Gefilde wagt sich das Ensemble Materialtheater vor.”

Figurentheatermagazin „Niti“ Serbien, Poesie versus Pandemie – das internationale Figurentheater wunder. vom 17.Oktober bis 1. November 2020 in München von Evelyn James “Die reale Distanz spiegelte sich auch inhaltlich in den Stücken. Das Stuttgarter Ensemble Materialtheater zum Beispiel entwickelte in Koproduktion mit der Gesellschaft zur Förderung des Puppenspiels e.V. und dem FITZ! Zentrum für Figurentheater während der Lockdown-Monate das Stück „Im Notfall nicht die Scheibe einschlagen!“, in dem vier Spieler*innen in individuelle, schmale Glaskästen eingesperrt sind und versuchen einander näher zu kommen –bildlich wie im übertragenen Sinn. Alltägliche Verrichtungen wie das Kehren der Straße bekommen darin durch die enge Begrenzung einen ausgeprägten slapstickartigen Bewegungs- und Stummfilmhumor, der amüsierte und gleichzeitig zu Tränen rührte: So tragisch fühlte sich das Eingesperrtsein der Figuren an, das wir in diesem Jahr besonders nachfühlen können.”