Vor und nach Shakespeare

Kurz vorm Grauen erwacht die Heide. Die Kutsche holpert und unaufhörlich brabbelt der Alte sinnentleerte Worte vor sich hin. „Wie sehr liebst Du mich?“ Die Antwort darauf kann nie genügen und wird Anlass für Lüge, Verrat, Machtgier, Mord und Wahnsinn. Die Welt, die Ordnung dreht sich. Oben ist unten und unten ist weit weg. Lear verschleudert sein Land, enterbt die Güte, schließt die Augen und tanzt mit dem blinden Gloster einen Tango auf der Klippe.
Zwei Hexen, der Eggebrecht und die Heidelerche, singen einen König in den Schlaf. Sie springen in der Geschichte, verirren sich auf Nebenschauplätzen und zwischen den Wörtern, verlieren sich im Sturm auf der Heide, sind mal Narr und Närrin, mal König und mal Bösewicht. Sie spielen mit Puppen und auf dem Klavier, und landen doch immer wieder dort, wo eine Tochter einem Vater keine Antwort auf seine Frage geben will. Das Unglück des König Lear nimmt seinen Lauf…

Eine Koproduktion mit dem Theater des Lachens Berlin, Dem FITZ! Zentrum für Figurentheater, den Sophiensaelen Berlin, dem Puppentheater Halle

Stuttgarter Zeitung: „Wer wissen will, was Theater ist, sollte jetzt im Figurentheater Stuttgart vorbeischauen. Hartmut Liebsch vom Materialtheater, Annette Scheibler (Theater pepperMIND) und die Regisseurin Astrid Griesbach zeigen dort zur Zeit ziemlich viel von dem, was das Medium Theater ausmacht . (…) Was bieten Scheibler und Liebsch? Augenfutter. Provokation. Viel Witz. Mit einem Theaterklassiker gehen sie respektvoll um, indem sie respektlos sind.“

Süddeutsche Zeitung: „Die Regisseurin Astrid Griesbach zeigt „lear“ in gut einer Stunde als dämonische Winzigkeit, als Puppenspiel und Taschentheater – mit zwei Schauspielern (Annette Scheibler und Hartmut Liebsch), die uns nur ein paar scharfe, funkelnde Splitter aus Shakespeares Schauermärchen zeigen. Und die, wenn sie die Puppen führen, hierbei selber wie bedrohliche Riesenpuppen aussehen. (…) Sonnenklar aber ist: Die kleine, dicke Gummipuppe war ein großartiger König Lear, einer der besten. Puppen sind wohl überhaupt großartige Shakespeare-Darsteller. Weil sie sich niemals plagen und verstellen müssen. Und sich dennoch, in all ihrer Sturheit und Monotonie, ständig verändern. (…)“

Mitteldeutsche Zeitung Halle / Saalkreis: „(…) Die hervorragenden Spieler Annette Scheibler und Hartmut Liebsch wagten unter der Regie von Astrid Griesbach einen risikoreichen chirurgischen Eingriff in das berühmte Shakespeare-Stück: Fast frei von Originaltext kommt dennoch der Lear in seiner Tragik und Moderne voll an: Ein scharfes Konzentrat des Dramas, gepfeffert mit aktuellen Anspielungen. Der Meister hätte gewiss seine Freude daran gehabt.“

Berliner Zeitung: „Die beiden Von-Hause-Aus-Puppenspieler Scheibler und Liebsch geben Lear, inszeniert von Astrid Griesbach, als einstündiges Clowns-Duett: versponnen und verspielt. Die Situation bleibt offen, die Szenen könnten sich im Kinderzimmer abspielen oder im Begegnungsraum eines Altenheimes. Dem Zuschauer wird, wie so oft bei Griesbach, ein Gedankenspielraum zur Verfügung gestellt, in dem sich Platz für Assoziationen und Gedankenjonglagen findet. Ein poetischer Humus für Gespross, dessen glückhafte Wirkung der Zuschauer selbst verantwortet. Das ist Griesbachs Kunst: den Zuschauer gedanklich mitspielen zu machen, ihn mit seinem eigenen Vorstellungsvermögen zu überraschen. “