Eine trashige Kasperliade für Erwachsene und Jugendliche ab 14 Jahren

1. Projekt der Theaterkonzeption „Wer die Zukunft kämmen will, braucht einen guten Kamm!“

Gurke oder Kaktus sein – welche Strategie ist die richtige um zu überleben? Zwei Damen
beschließen ihrer Nettigkeit Adieu zu sagen und sich in Böswillen zu üben. Dazu zerren sie
Alfred Jarrys bitterböse Kasperl-Groteske vom gierig – grausamen und feigen König UBU
und seiner nicht minder schlimmen Gattin auf die Bühne: Mutter UBU überredet Vater
UBU, den König von Pompolonien zu ermorden, sich an seine Stelle zu setzen und sich
unermesslich zu bereichern. Das Attentat gelingt, UBU wird König, beschenkt und
bescheißt sein Volk und metzelt seine potentiellen Gegner aus dem Weg. Und die Damen?

Müssen feststellen, dass auch Kakteen eingehen, wenn man sie zu heftig gießt.Eine Koproduktion mit dem Theatre Octobre Brüssel. In Kooperation mit dem FITZ! Zentrum für Figurentheater Stuttgart und dem Puppentheater Magdeburg.Gefördert von der Stadt Stuttgart, dem Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg und dem Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

PRESSE

K Ö N I G  U B U „STACHELN STATT NETTIGKEIT“ 

Mit einer Kasperl-Groteske und Slapstick eröffnete das Ensemble Materialtheater Stuttgart die Figurentheaterreihe „Unikate“ Jana Breuling, Schwäbisches Tagblatt, 02.10.2021

„Bis Sonntag spielten renommierte Ensembles im Rottenburger Theater am Torbogen und zeigen die Vielfalt des Figurentheaters. Zu der ersten Vorstellung fanden sich knapp 20 Zuschauerinnen und Zuschauer ein. Bereits zu Beginn der Vorstellung faszinierte das originelle Bühnenbild: Ein großer, mobil einsetzbarer Bambusrahmen lenkte die Blicke und manifestierte den Ort des Geschehens. Töpfe mit künstlichen Kakteen unterschiedlichster Formen und Größen bevölkerten die Bühne. Daneben gab es Tischlein, Hocker und Bambuskonstruktionen, die als Fortbewegungsmittel dienten. Sonnenbrillen, Löffel mit aufgeklebten Augen, Schuhe mit Applikationen, Handschuhe und schrille Kostüme, wurden flexibel ausgetauscht, je nachdem welche Charaktere die beiden Schauspielerinnen Sigrun Kilger und Annette Scheibler vom Materialtheater Stuttgart zum Leben erwecken wollten.

Den beiden gelang es auf faszinierende Weise, dem Publikum zu vermitteln, wie fesselnd, amüsant, und tiefgreifend Figurentheater für Erwachsene sein kann. In der Inszenierung „König Ubu“ von Alfred Jarry ging es um Überlebensstrategien. Das Stück baute sich aus zwei Handlungsebenen auf. Da gab es zwei Damen, die gemeinsam beschlossen, ihre Nettigkeit abzulegen und sich verstärkt in Böswillen zu üben. Dazu brachten die beiden das Stück „König Ubu“auf die Bühne. Hingebungsvoll erweckten Kilger und Scheibler die Figuren zum Leben, die durch den Einsatz weniger Requisiten, pantomimischer Stilmittel und treffender Worte schon bald die Blicke und Emotionen des Publikums fesselten. Das fulminante Schauspiel der beiden Darstellerinnen war geprägt von einer Ausdauer, in der die Verschmelzung zwischen ihnen und den darstellenden Figuren in achtzig Minuten durchweg gelang. Leidenschaftlich verkörperten sie den gierig-grausamen und feigen König Ubu und seine ebenso böse Gattin Mutter Ubu. Beide wollten den König von Pompolonien ermorden, um sich auf dessen Thron zu setzen. Heimtückisch planten sie das Attentat und setzten es erfolgreich um. König Ubu mutierte schon bald zum Massenmörder und Diktator, der sein Volk an der Nase herumführte. Dabei gelang immer wieder der Wechsel in die zweite Handlungsebene, wo sich die zwei Damen über ihre verzweifelten Versuche austauschen, nicht mehr so nett zu sein.

Das Stück war gespickt mit ausgeklügelten Zweideutigkeiten, höchst amüsanten, pikanten und leidenschaftlichen Wortspielereien, wobei sich die Darstellerinnen sowohl in ihrer Sprache, Mimik, Gestik und ihrem Gefühl der Handlung komplett hingaben, das Publikum mitrissen und prächtig unterhielten. Oft gab es begeistertes Lachen, Überraschungsmomente, Aha-Erlebnisse, gefolgt von absolutem Mitgefühl.“

 

“DADA MIT STACHELN”

Premiere im Figurentheater Stuttgart: Materialtheater und Théâtre Octobre zeigen „König UBU“ nach Alfred Jarry, Brigitte Jähnigen, Stuttgarter Nachrichten / Stuttgarter Zeitung

“Was wirkt stärker? Gut zu sein, oder böse? In einer Neufassung des Vor-dada-Stücks „König Ubu“ von Alfred Jarry treiben Sigrun Kilger und Annette Scheibler in einer Inszenierung des Ensemble Materialtheater und des Théâtre Octobre Brüssel die Frage wortwörtlich auf die Spitze. Genauer gesagt auf die Stacheln unzähliger Kakteen. Denn für das absurdkomische Spiel über niedrige Instinkte, Habgier und Machtmissbrauch schicken sie zur Premiere am Donnerstagabend Kakteen aus ihrer Figurenwerkstatt ins rasant gespielte Vergnügen.

Als Bühne auf der Bühne dient ein großer, mobiler Rahmen. Erzählt wird der klassische Fall eines Königsmordes. Doch der Nachfolger Vater Ubu erweist sich als Diktator im Reich der Kakteen. In einer aberwitzigen Szene bauchpinseln Günstlinge den Usurpator, im Gegenzug schreddert er die Richter. Zu synkopischen Rhythmen und rockigen Gitarrenriffs (Musik: Andreas Grossmann und Daniel Kartmann) galoppiert Ubus stacheliges Heer gen Russland.

Menschen werden als Gurke geboren 

Immer Aufs Neue fasziniert der Ideenreichtum der Figurenspielerinnen. König Ubu ist ein dickbäuchiger Kaktus, seine Gattin eine kaktusnasige Stange. Der Zar ist ein glänzender Stiefel mit farbiger Bordüre und Fellwuschel auf dem Kopf. Unzählige Handschuhe agieren als Figuren oder Sprechwerkzeuge. Ganz leicht und nicht moralisierend wird erzählt. Lustvoll debattieren die beiden Spielerinnen die Frage, ob jemand als Kaktus oder als Gurke geboren wird. Fazit: Menschen werden als Gurke geboren, weil sonst die Geburt zu schwierig wäre. Die Verknüpfung von klassischem Sujet mit aktuellen Bezügen gelingt inhaltlich nicht immer schlüssig, passt aber in den absurden Kontext des von Regisseur Alberto García Sànchez geführten Klassikers. Denn letztlich enden alle guten Absichten in neuen Bosheitsfantasien. Das Premierenpublikum ist begeistert.”